Tops und Flops

Samstag, 29. Oktober 2011

Tea Cup, der Hund in der Tasse


Michelle Hunziker ist in diesen Tagen wieder in diversen Medien vertreten. Der Grund dafür ist  diesmal, dass sie sich einen Hund angeschafft hat. Das wäre an sich nicht weiter bedenklich, würde es sich nicht um eine Züchtung unter dem Namen Tea Cup handeln. Tea Cup- Hunde verdanken ihre Bezeichnung der Tatsache, dass sie so klein sind, dass sie in einer Teetasse Platz finden (im Tea Cup). Den Hund als Accessoire, passend zur Abendgarderobe, ein äusserst bedenklicher Boom.

Minihunde haben eine zweifelhafte Berühmtheit erlang. Schon Paris Hilton schleppte gerne Chihuahuas mit sich in der Tasche herum, doch diese neuen Zwerge sind noch kleiner. So klein, dass sie beinahe von Portemonnaie und Handy zerquetscht werden könnten, wenn sie in der Handtasche getragen werden. Sitzend finden sie gerade einmal Platz auf einer Handfläche. Tea Cup- Hunde erreichen kaum ein Gewicht von über 1000 Gramm.

Kleiner Kopf- kein Platz für Gehirn

Michelle Hunziker hat es wohl den Modezaren abgeschaut, denn diese Minis haben unlängst die Modewelt und Laufstege erobert. Sie sind ja auch hübsch anzusehen in ihren kleinen Mäntelchen und den Accessoires, welche die Modeschöpfer den Kleidern ihrer Models angepasst haben.

Die Anschaffung eines solchen Tea Cup- Hundes, lässt jedoch daran zweifeln, dass sie sich wirklich mit dem Thema Hund beschäftigt hat. Denn sonst wüsste sie, dass diese Zwerge meist eine sehr geringe Lebenserwartung haben. Dass sie oft unter schlecht ausgebildeten Gelenken leiden und aus Qualzuchten stammen.
Im Internet wird gewarnt vor dem Kauf solcher Zwerge. Minihunde- Besitzer beschreiben ihren Leidensweg und vor allem der, der Hunde.
Schon seit ein paar Jahren wird vom Kauf einer Minirasse abgeraten. Doch der Boom ging noch weiter, die Tea Cup- Rassen sind noch kleiner

Die winzigen Köpfchen gucken aus der Handtasche, grosse Knopfaugen erforschen neugierig die Welt. Es scheint fast so, als würden Hunde umso beliebter, je mehr sie einem Plüschtier ähneln. Vergessen wird gerne, dass es sich auch bei diesen Tieren um einen vollwertigen Hund mit Bedürfnissen und Gefühlen handelt.
Ein Hund, egal in welcher Grösse, ist nicht dafür gedacht in der Tasche rumgetragen zu werden. Er will die Welt auskundschaften und erschnüffeln, spielen und rennen.

Man setzt auf das Kindchenschema. Kaum einer kann sich gegen einen „Jöh- Effekt“ wehren, wenn er diese Hundchen sieht, die so klein wie ein Meerschweinchen sind.
Babykopf, überdimensional grosse Augen, wuscheliges Fell- wer findet diese kleinen Wollknäuel nicht niedlich?
Doch die süssen Köpfchen sind oft zu klein geraten für das Gehirn, die Hündchen leiden an starken Kopfschmerzen, Wasserköpfen und Anfällen.

Schnell weg, bevor sie sterben

Meist werden die Welpen auch einfach zu früh von der Mutter getrennt, um als Minis verkauft zu werden. Oft werden die Hunde noch rasch verschachert, bevor sie sterben …
In jedem Fall wird den Hunden nichts Gutes getan und dem zukünftigen Hundebesitzer auch nicht. Denn die Zwerge verletzten sich leicht, ihre Schädeldecke ist in der Regel zu dünn und bruchgefährdet. Bei einigen ist sogar die Schädeldecke offen unter der Haut.
Oft leiden sie unter Erkrankung der Atemwege und Epilepsie, ihre Knochen sind zerbrechlich und die daraus resultierenden Tierarztkosten werden unter Umständen ins Unermessliche anwachsen.

Minihund zu riesigen Preisen

Unsinniger Weise werden diese Zwerge zu völlig überhöhten Preisen verkauft, da sprechen wir von Kaufpreisen bis zu 10`000 Dollar! Dabei ist es bei seriösen Züchtern so, dass Hunde, die nicht dem Rassestandard entsprechen, und dazu gehören solche Winzlinge, in der Regel günstiger verkauft werden als ihre „normal grossen“ Geschwister.

Verantwortungsvolle Züchter können dem Boom widerstehen, aus Liebe zum Tier. Doch leider gibt es immer wieder Menschen, die vom gut zu verdienenden Geld gelockt werden. Immer die kleinsten Hunde eines Wurfes werden weiter verpaart, solche Hunde, die es beim „richtigen“ Züchter nie zum Zuchthund schaffen würden.
Aussagekräftig sind auch Kleinanzeigen, in denen Hundebabys in Tea Cup- Grösse angepriesen werden, mit dem Vermerk: „Nicht geimpft, da zu klein für Impfung …“

Die Tea Cup- Hunde leiden oft an Unterzuckerung und müssen deshalb mehrmals täglich gefüttert werden. Viele schaffen es nicht einmal die kleinsten Türschwellen alleine zu überwinden. Wegen den fragilen Knochen und der Unfallgefahr benötigen sie eine Rund- um- die- Uhr- Betreuung.

Ohne Zweifel sind diese Hunde sehr süss und sprechen unseren Beschützerinstinkt an. Doch reicht das Niedlichsein, um einen Hund sein Leben lang leiden zu lassen? Jeder Hund ist als Welpe niedlich, das hat die Natur so eingerichtet. Und wer sich gerne einen kleinen Hund halten möchte, den er überall hin mitnehmen kann, dem bieten seriöse Hundezüchter eine Vielzahl von Kleinhunderassen an.
Durch den Kauf von Tea Cup- Hunden steigt die Nachfrage und es wird weiterhin munter gezüchtet.

Wer auffallen will, trägt Plüschtier

Der zweifelhafte Boom kommt, wie könnte es anders sein, aus den USA. Vor allem die kleinen Chihuahuas werden zu Tea Cup- Hunden gezüchtet. Doch es werden mittlerweile auch Yorkshire Terrier, Malteser, Pudel, Zwergspitze, Shih Tzus, Mopse, Dackel  usw. zu Tea Cup- Hunden verpaart.
In der Schweiz und Deutschland ist es zum Glück meist verpönt, mit Hunden zu züchten, die unter zwei Kilogramm wiegen.
Dr. med. vet. Iris Reichler, Abteilungsleiterin der Kleintierfortpflanzung an der Vet- Suisse Fakultät der Universität Zürich, kennt keine Züchter von Tea Cup- Hunden in der Schweiz. Denn offiziell seien solch kleine Hunde nicht zur Zucht zugelassen. Sie steht solchen Extremzuchten aus gesundheitlichen Gründen kritisch gegenüber. Aber für den Tea Cup- Pudel kenne sie keine spezifischen Krankheitsbilder, da es sich hierbei um eine neue „Erscheinung“ handle.
Die grösseren Toy- Pudel hingegen hätten eine Lebenserwartung von 15 Jahren und mehr und seien, bis auf einige Krankheiten, die bei allen Hunderassen auftauchen können, als gesunde und robuste Hunde bekannt.
Der Freund von kleinen Hunden sollte sich also eher für einen Toy- Pudel entscheiden als für einen Tea Cup- Pudel, wie ihn Hunziker erstanden hat. Der wird zwar um die 25 cm gross und passt somit kaum in die Abendtasche, aber dort fühlt sich eh kein Hund wohl.

Hoffen wir, dass der Tea Cup- Hund so schnell aus der Mode kommt, wie er an Beliebtheit fand. Dass sich Menschen, die um jeden Preis im Rampenlicht stehen und einen Hund als Accessoire mit sich tragen wollen, für ein Plüschtier entscheiden. Damit werden sie auf jeden Fall auffallen.

1 Kommentar:

  1. Ein super Thema, toll dass Du darauf aufmerksam machst. Viele Leute überlegen sich einfach viel zu wenig, bevor sie sich einen Hund anschaffen. Michelle Hunziker sollte sich was schämen. Nicht nur, dass sie solche Tierquälerei unterstützt, sondern auch, dass sie es in vollem Bewusstsein ihrer Vorbildfunktion macht. Vermutlich werden es ihr nämlich hunderte promi-devote Frauen und Mädchen nachmachen. Man stelle sich vor, sie hätte ihren Hund in einem Tierheim geholt und damit auf das Leid der vielen heimatlosen Tiere aufmerksam gemacht. Es gäbe so viele tolle Organisationen, die Aufmerksamkeit verdient hätten und die man als Prominente/r unterstützen könnte.

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